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Eine zwiespältige Rückkehr zur Normalität

Veröffentlicht am
1. Dezember 2020
Lesezeit
2 Minuten Lesedauer

Die Marktentwicklung im Jahr 2020 wird den Anlegern hauptsächlich wegen zweier Dinge in Erinnerung bleiben: Zum einen wegen eines heftigen Auf und Abs: Nach einem Moment der Panik kehrte angesichts der außerordentlichen Unterstützungsmaßnahmen wieder Zuversicht an den Märkten ein. Zum anderen kam es auf Sektorebene zu einer extremen Polarisierung zwischen Gewinnern und Verlierern. Um in diesem Jahr gute Geschäfte zu machen, bedurfte es einer aktiven Steuerung des Marktrisikos und einer sehr hohen Disziplin bei der Titelauswahl.

Die politische Lage in den USA hat sich inzwischen geklärt, und bald sind wirksame Impfstoffe verfügbar. Obgleich diese Kombination glänzende Aussichten für die Märkte verheißt, könnte sich diese Rückkehr zur Normalität paradoxerweise als komplexer erweisen, als es zunächst den Anschein hat. Diese Komplexität beeinträchtigt zwar nicht die Wertentwicklung, aber man sollte dennoch in der allgemeinen Euphorie einen klaren Kopf bewahren.

Die Politik am Scheideweg

Die Koordination und der Umfang der Unterstützungsmaßnahmen der Regierungen und Zentralbanken im Jahr 2020 waren beispielhaft. Die Notwendigkeit bestimmte die Regeln, die Orthodoxie wurde vorübergehend beiseitegesetzt. Somit stellt sich bei der Rückkehr zu einer gewissen Normalität die Frage, welchen Kurs die Politik künftig einschlagen wird.

Bei den Mitgliedern der Europäischen Union wie auch des US-Senats steht bislang noch nicht fest, wie kooperativ sie sich verhalten werden. Je länger die Ausnahmesituation andauert, desto lauter werden sich die historischen Verfechter einer strengen Haushaltsdisziplin wieder zu Wort melden.

Auch wenn zu Recht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Impfstoffe äußerst vorteilhaft auf das Vertrauen und die Konsumausgaben auswirken werden, wird sich das Zurückfahren staatlicher Unterstützungsmaßnahmen gegenteilig auswirken. Offenbar scheinen die Märkte heute zwei immer noch stark präsente Wachstumshemmnisse auf die leichte Schulter zu nehmen: die zunehmende Verschuldung und die Unterbeschäftigung.

So spektakulär die Konjunkturerholung auch erscheinen mag, wird es dennoch lange dauern, bis der enorme wirtschaftliche Schaden des Jahres 2020 wieder wettgemacht ist

Es bedarf einer langanhaltenden Konjunkturerholung, um den enormen Schaden wieder wettzumachen, den die bereits von schwachem strukturellem Wachstum geprägte Weltwirtschaft im Jahr 2020 erlitten hat. Die erwartete Erholung sollte daher nicht für eine Trendwende gehalten werden. Zerstörung schafft, wenn überhaupt, nicht sofort etwas Neues.

Daher bevorzugen wir weiterhin qualitativ hochwertige Growth-Aktien, auch wenn es erfreulich ist, dass konjunktursensible Titel endlich wieder einen Beitrag zur Wertentwicklung leisten.

Schwellenländer in Lauerstellung

Eines der Traumata des wirtschaftlichen Impuls 2020 wird sich im erheblichen Finanzierungsbedarf zum Ausgleich der Defizite bemerkbar machen. Die Regierungen dürften weiterhin umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen von den Zentralbanken in Anspruch nehmen, damit es nicht zu Spannungen auf den Anleihenmärkten kommt. Bei solchen unbegrenzten Verpflichtungen stellt sich jedoch früher oder später die Frage nach dem Wert dieses Geldes, das ausschließlich zur Finanzierung von Defiziten geschaffen wird. Insbesondere der US-Dollar macht in dieser Hinsicht einen schwachen Eindruck.

Die Abschwächung des US-Dollars könnte für Länder von Vorteil sein, die ihre Finanz- und Handelsgeschäfte in US-Dollar abwickeln, vor allem wenn es sich dabei um Schwellenländer handelt. Zumindest China und seine Einflusssphäre haben darüber hinaus noch den doppelten Vorteil eines effektiven Krisenmanagements in der Pandemie, das eine schnellere Konjunkturerholung erlaubte, und einer beneidenswerten Position in vielen Bereichen der Technologie und erneuerbarer Energien.

Die Schwellenländer sind mit einer schnelleren Konjunkturerholung und einer beneidenswerten Position in Wachstumssektoren doppelt im Vorteil

Außerdem ist nach unserem Dafürhalten der mögliche Rückgang des US-Dollars und vielleicht auch noch weiterer Währungen, die mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert sind, ein guter Grund zur Annahme, dass der Goldpreis im Laufe des Jahres 2021 weiter aufwärts tendiert.

Als Fazit sollte man über die „Anomalie“ von 2020 hinaus weiterhin daran denken, dass auf lange Sicht nach wie vor das Gewinnwachstum der Unternehmen über die Wertentwicklung an der Börse entscheidet. In einem von sehr niedrigen Zinsen, einer noch verhaltenen Konjunktur und zunehmenden makroökonomischen Ungleichgewichten geprägten Umfeld wird dieses Wachstum allerdings strukturbedingt selten anzutreffen und unsicher sein.

Unsere Anlagestrategie stützt sich daher weiter auf vier „antifragile“ Säulen: Aktien von Unternehmen mit deutlichem Wachstum, China und sein Einflussbereich, Gewinner der Energiewende und Goldbergbau.

Quelle: Carmignac, Bloomberg, 30/11/2020

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